Donnerstag, 12. September 2013

Wales Teil I - Die Anreise

Noch nie ist mir ein Urlaub so entgegengekommen, wie dieser. Neben der anstrengenden Prüfungszeit an der Uni hatte ich noch mit anderen Problemen zu kämpfen: Baulärm direkt vor dem Fenster, eine kranke Katze mit Halsweh, viele Shootinganfragen und wenig Zeit für die Nachbearbeitung… kurzum, ich habe den vergangenen drei Wochen schon weit im Voraus entgegengefiebert und konnte es kaum fassen, als dann tatsächlich die Koffer gepackt und im Auto verstaut waren und es endlich losging in Richtung Vereinigtes Königreich.
Das ist bereits unser dritter Besuch auf der Insel, allerdings haben wir uns diesmal auf den Weg gemacht nach Wales, um dann für die letzten fünf Tage nach Dublin überzusetzen. Ich habe mir wenig Gedanken über unser dortiges Domizil gemacht, mir war es am wichtigsten, dem Alltag zu entkommen, am besten ohne gute Internetverbindung und jeglichen Lärm, einfach ganz weit weg zu sein und wieder zu Kräften zu kommen.
Aber dass es dort so schön sein würde, ich mich so zu Hause fühlen würde und mir der Abschied so schwer fallen würde, das habe ich nicht erwartet, zumindest nicht in diesem Ausmaß.


Schon im Auto ist der Stress nach und nach von mir abgefallen und als wir Frankreich erreicht hatten, habe ich mich gefühlt, als würde ich ein paar Zentimeter über der Erde schweben. Unseren Zwischenstopp haben wir wie üblich in Calais gemacht, einer Hafenstadt im Norden Frankreichs. Sobald man nach zwölf Stunden Autofahrt seinen ersten Fuß in das schmuddelige Hotelzimmer gesetzt hat, fühlt man sich irgendwie anders. Man hört in der Ferne die Möwen schreien und im Nachbarzimmer Stimmengewirr in einer fremden Sprache. Es riecht nach kaltem Rauch, der sich für immer in den Teppichböden der Gänge festgesetzt hat und man ist gleichzeitig müde und aufgeregt. Es ist, als schnuppere man in die Welt hinein, wenn man zwischen fremden Autokennzeichen und Motorrädern am Parkplatz steht und sich seine kleine Reisetasche für die Nacht aus dem Auto holt.
Wer am Abend noch Lust dazu hat, hat dann die Gelegenheit, seine nackten Zehen das erste Mal im Sand zu vergraben und im Schatten von gigantischen Schiffen Meeresluft auf der Haut zu spüren.
Direkt neben dem Strand befand sich ein großer Festplatz mit den verschiedensten Fahrgeschäften und Glücksspielautomaten. Schon seit ich ein kleines Kind bin, fühle ich mich von Attraktionen wie diesen wie magisch angezogen, so schlenderte ich also mit einem Schokoladencrêpes über den Platz, schoss ein paar Fotos und ließ diese ganz besondere Atmosphäre auf mich wirken. 


Am nächsten Morgen wacht man dann mit dem Gedanken auf, am Abend endlich anzukommen, was einem nach nur sieben Stunden Schlaf die benötigte Energie für den zweiten Reisetag verschafft. Noch in der Dämmerung machten wir uns auf dem Weg zum Fährhafen, wie jedes Mal ein bisschen angespannt, da es nicht leicht ist, den richtigen Schalter zu finden und es jederzeit passieren kann, dass die Zollbeamten einen filzen möchten. Ich fühle mich immer ein bisschen unwohl, wenn mein bereits vier Jahre altes Foto auf dem Ausweis mit mir, ungeschminkt und müde, verglichen wird. Diesmal aber ging alles glatt und so fand ich mich nach kurzer Zeit im eisernen Bauch einer riesigen Fähre wieder, inmitten von Bussen, Motorrädern, PKWs und Lastwägen. Jedes Mal aufs Neue bin ich fasziniert davon, dass dieser Koloss es schafft, seine tonnenschwere Last sicher an den Hafen zu bringen, dass er es überhaupt schafft, nicht sofort unterzugehen. Mein Papa versucht dann, uns etwas über den Auftrieb zu erklären, aber in diesem Moment sind andere Dinge einfach spannender.

Die Fähre ist wie ein großes, schwankendes Gebäude voll mit nervösen, begeisterten, routinierten und schlafenden Menschen, die sich für die nächsten 90 Minuten große Lobbys teilen. In den gemütlichen Sesseln hielt es mich wie immer nicht lange, ich musste an Deck und die Kreidefelsen sehen, den Wind im Gesicht und mich frei fühlen.
Bald erreicht die Passagiere dann die Nachricht, dass der Zielhafen, Dover, nicht mehr weit ist und man sich zu seinen Fahrzeugen begeben soll. 
Ab nun herrscht Linksverkehr und jeder schaut fleißig mit, dass es auch ja zu keinen Verwechslungen kommt und wenn wir uns dann durch den Stadtverkehr in Dover gekämpft haben, steht das erste große Highlight an: Pfundnoten abheben und den nächsten englischen Supermarkt stürmen.
Es ist kaum zu glauben, dass sich das Sortiment so extrem zum Deutschen unterscheidet, zumindest heute, mitten in der Globalisierung. Aber tatsächlich entdecke ich jedes Mal etwas Neues, seien es exotische Chips oder das ganze gute Gebäck.


Mit vollen Mägen machten wir uns also auf nach Wales.
Am Autofahren liebe ich besonders die Tatsache, dass sich die Landschaft nach und nach verändert. Wenn man fliegt, steigt man im einen Land ein und im anderen wieder aus, ohne viel von der Distanz mitbekommen zu haben, die man zurückgelegt hat. Im Auto aber erschließt man sich Kilometer für Kilometer selbst, merkt irgendwann, dass die Straßenschilder französisch sind und kommt an diversen Grenzkontrollen vorbei.
Wenn man erst mal tausend Kilometer gefahren ist, wird auch die Landschaft allmählich interessanter, es sind keine hohen Berge zu sehen, dafür fremde Pflanzen und gelbe Autokennzeichen. Die Fahrtzeit verging also vergleichsweise schnell, unter anderem auch dank unseres spannenden Hörbuchs (Tintenherz) und interessanten Unterhaltungen.
Abends gegen sieben hatten wir unsere Holzhütte dann endlich erreicht; den Ort, an dem wir die nächsten zwei Wochen verbringen würden. Der geräumige Bau, die großen Fenster und vor allem der Ofen haben es mir leicht gemacht, mich sofort unglaublich wohl zu fühlen und nach einer Schüssel Nudelsuppe fiel ich sofort in einem tiefen, traumlosen Schlaf. 


Teil II, Teil III, Teil IV, Teil V


6 Kommentare:

  1. Tolle Fotos, besonders das mit dem mann an dem Automaten da. Ich liebe die Atmosphäre dieses Fotos!

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  2. Wow, so tolle Fotos und so ein toller Post. Ich bin gerade versunken, wie in einem Buch, wirklich. (: Ich bin schon gespannt auf die nächsten Teile!

    Liebe Grüße,

    Laura (:

    beautytastesgood.de

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  3. sehr sehr schöne Bilder! (:
    Liebe grüße
    Patricia

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