Ende
September verbrachten Sebastian und ich zehn wundervolle Tage auf
Mallorca. Wir haben uns über AirB&B eine kleine Finca in den
Bergen gemietet.
Am
Flughafen nahmen wir unseren Fiat Panda entgegen, ein sehr hässliches
Auto, das uns aber später noch gute Dienste leisten sollte. Am
vereinbarten Treffpunkt warteten wir auf Jaume, einen Freund unseres
Vermieters, der zwar mit einer Stunde Verspätung, dafür aber mit
einem Dolmetscher kam und uns zu verstehen gab, wie wir das Haus
erreichen würden. Er wies auf einen Weg, den wir höchstens als
Trampelpfad für Schafe oder Ziegen wahrgenommen haben und fuhr mit
seinem Jeep voraus. Sebastian gab sich alle Mühe, aber ungefähr auf
der Hälfte mussten wir kapitulieren, da unser Auto nicht für die
sandigen Wege geeignet ware, die von den kräftigen Wurzeln der
nahestehenden Olivenbäume aufgerissen waren. Wir luden unser Gepäck
zu Jaume ins Auto und stiegen ein. Ich fand mich zwischen zwei dicken
Spanierinnen wieder, die munter auf mich einredeten und sich nicht
daran zu stören schienen, dass ich sie nicht verstehen konnte und
außerdem fasziniert nach Draussen schaute, wo Olivenhaine an uns
vorbeizogen.
Oben
angekommen zeigte uns Jaume das Haus und stellte uns unseren
Mitbewohnern vor. Wir teilten uns mit ihnen eine Küche, sowie das
Wohnzimmer und den Aussenbereich, zu dem ein in die Felsen gehauener
Pool gehörte. Wir bewohnten den oberen Teil des Hauses, wo wir
unsere unsere Sachen auspackten. Kaum roch ich die frisch gewaschene
Wäsche, die mich an zu Hause erinnerte, erfasste mich mein übliches
Urlaubstief am Anfang einer Reise. Ich war übermüdet und hungrig,
hatte nicht damit gerechnet, dass wir uns das Haus mit anderen Leuten
teilen würden und fühlte mich auf einmal schrecklich alleine und
verloren in einem Land, dessen Sprache ich nicht sprach. Ich bat
Sebastian, so schnell wie möglich nach Sollér, die nächste Stadt
zu fahren, um Lebensmittel zu besorgen und mich ablenken zu können.
Meine Hoffnung war, dass er mein Tief nicht bemerken würde, denn es
war mir peinlich, ich wollte fröhlich und neugierig sein anstatt
traurig und voller Angst. Wir fuhren den kurvigen Weg zurück ins
Tal, im Dorf angekommen erfassten mich allerdings starker Schwindel
und Übelkeit und noch im Auto konnte ich nicht mehr zurückhalten
und schüttete Sebastian mein Herz aus. Seine verständnisvolle
Reaktion und seine Umarmung brachten alle Dämme zum Brechen und so
saß ich eine gute Weile weinend und schniefend im Auto und schämte
mich nicht einmal, als einige Passanten fragend einen Blick durch die
Scheibe warfen. Nachdem ich einigermaßen wiederhergestellt und meine
Tränen weggeküsst waren, fanden wir tatsächlich einen kleinen
Supermarkt, wo ich meine erste Mahlzeit des Tages, einen trockenen
Keks, bekam. Ich glaube, ich habe noch nie so etwas Leckeres gegessen
und spürte die Lebensgeister in mich zurückkehren. Nun nahm ich
auch meine Umgebung wahr, ein charmantes altes Dorf mit engen Gassen
und Platanen, die die Strassen säumten. Wir fanden den Marktplatz
und kamen unterwegs an einem Restaurant vorbei, das wir uns gleich
für den Abend vormerkten.
Es
handelte sich um ein Tapas-Restaurant und der spanische Kellner
schien sehr glücklich darüber, dass er seine Deutschkenntnisse
unter Beweis stellen konnte. Er erzählte uns, dass er nur seiner
Freundin wegen Deutsch lernte und erklärte uns den Ablauf im
Restaurant: Es gab Tapas und Pintxos, kleine Gerichte zum alleine
essen oder Teilen. Im Gastraum stand ein Buffet und jede Speise hatte
einen farbigen Holzspieß, der den Preis anzeigt. Außerdem war es
möglich a la Carte zu bestellen und spezielle Wünsche zu äußern,
wie zum Beispiel fleischlose Gerichte. Wir hatten Schwierigkeiten,
uns für zwischen all den Angeboten zu entscheiden und bestellten
nach Lust und Laune alles, was uns anlachte. Die Gerichte wurden nach
und nach gebracht und wir schwelgten in einem kulinarischen Himmel
aus frischem Gemüse, Soßen, gutem Käse und frischem Brot. Als der
anfängliche Hunger gestillt war, kamen wir mit einem Pärchen ins
Gespräch, das am Nebentisch saß und unterhielten uns bis spät in
die Nacht hinein. Als wir im Auto saßen, fielen uns beiden schon
fast die Augen zu und wir freuten uns nur auf unser Bett. Doch dann
fiel uns ein, dass wir uns den Schleichweg hoch zum Haus nicht
besonders gut eingeprägt hatten. Mit Handytaschenlampe bewaffnet
machten wir uns an den Aufstieg und hofften einfach, dass die
Viehtränken, an denen wir vorbeikamen, auch die richtigen waren. Wir
stiegen den gerölligen Weg hinauf und kamen bald ins Schwitzen. Nach
einer Weile allerdings wurde uns mulmig, wir waren schon viel zu weit
gelaufen und das Haus war noch immer nicht in Sicht. Die knorrigen
Äste der Olivenbäume erinnerten mich auf einmal an die Arme alter
Weiber, die nach uns griffen und ich hatte Schwierigkeiten, mit
meinen hohen Schuhen nicht permanent aus dem Gleichgewicht zu kommen.
Es knackte in der Ferne und mir wurde auf einmal unangenehm bewusst,
wie weit wir vom Dorf entfernt waren. Wir fingen an zu diskutieren
und verliefen uns immer weiter im Dickicht, bis wir so verzweifelt
waren, dass wir den Weg wieder hinuntergingen, um die Straße zu
nehmen, die wir hochgefahren wurden. Unten angekommen waren wir uns
allerdings nicht mal mehr sicher, ob das die einzige Straße war und
uns verließ auf einmal der Mut. Sebastian schlug vor, die Nacht im
Auto zu verbringen und mir war mittlerweile alles recht, solange ich
aus diesem Olivenhain hinauskam. Wir machten es uns in unserem Panda
bequem und versuchten, die Augen ein wenig zuzumachen, als uns ein
lauter Schlag aus dem Dämmerschlaf riss. Ich hatte kurz zuvor eine
brutale Vampirserie angesehen und verspürte einfach nur blanke
Panik, als mich die schrecklichen Szenen einholten. Wie gelähmt
saßen wir einfach nur da und warteten darauf, dass etwas passierte,
nachdem die Sekunden allerdings ins Land strichen, entschieden wir
uns zum Angriff und rissen die Türen auf. Außer ein paar Schafen
gegenüber von der Straße war dort niemand, aber wir bemerkten, dass
das Auto direkt unter einem Olivenbaum geparkt war. In diesem Moment
waren wir einfach zu erschöpft, um darüber lachen zu können, dass
uns eine auf das Dach gefallene Olive zu Tode erschreckt hatte, aber
später sorgte das noch für einige Belustigung.
Weil
es uns in den Bergen einfach zu unheimlich und Dunkel war,
verbrachten wir den Rest der Nacht unten im Dorf und schlugen uns die
Stunden irgendwie um die Ohren. Es wurde kalt und Sebastian
versuchte, mich zu wärmen. Wir dösten abwechselnd auf der Rückbank
und warteten auf die Dämmerung.
Gegen
sieben Uhr morgens wurde es endlich etwas heller und um halb acht
machten wir uns im blassen Morgenlicht wieder auf den Weg durch den
Olivenhain. Diesmal fanden wir den Weg ohne Probleme, schlichen um
das Haus herum, um unsere Mitbewohner nicht zu wecken und fielen in
einen langen und tiefen Schlaf bis spät in den Tag hinein.
Die
nächsten Tage verschwammen ineinander, wir bekamen neue Mitbewohner
aus Stuttgart und gewöhnten uns allmählich an das Leben in den
Bergen. Es war unglaublich ruhig dort oben und wir verbrachten viele
Stunden lesend in der Sonne oder sahen einfach nur hinaus aufs Meer
und hinunter ins Tal. Wir machten uns auf die Suche nach dem Esel,
der angeblich beim Haus lebte, fanden aber nur neugierige Schafe, die
unglaublich verrückt nach der Johanniskernfrucht waren, die dort
wild wuchs. An einem warmen Nachmittag kamen die Esel des Nachbarn
bis an den Zaun zu unserem Grundstück und wir fütterten sie mit den
süßen Schoten und streichelten sie so lange, bis unsere Hände
voller Staub waren.
Am
liebsten fuhren wir am späten Nachmittag hinunter nach Soller, um
neue Wasservorräte und Müsli zu kaufen und anschließend durch den
Ort zu schlendern. Die Gassen waren eng und gesäumt von Läden, die
die verschiedensten Köstlichkeiten anboten und wir genossen die
vielen Gelegenheiten, zu fotografieren. Später setzten wir uns mit
einem Eis an den Marktplatz und sahen den einheimischen Kindern beim
Spielen zu, die sich gegenseitig mit Plastikkreiseln beeindruckten
und mit Rollern über den Platz fuhren. Es war ein buntes Gewimmel
und eine Freude, einfach nur still dabei zuzusehen.
Sonntags
war Markttag und wir standen früh auf, um unsere Einkäufe im Ort
zu erledigen. Wir erkannten ihn kaum wieder, die engen Straßen waren
mit Ständen gesäumt und es wurden die unterschiedlichsten Waren
verkauft. Sebastian erstand ein 10kg schweres Stück Schinken und ich
deckte uns mit frischem Obst, Brot und Käse ein. Zurück in unserer
Finca machten wir es uns auf der Terrasse bequem und breiteten unsere
Einkäufe auf dem Tisch aus. Ich genoss den herben Geschmack von
frischem Ziegenkäse, der sich mit dem süßen Saft von Weintrauben
vermischte, sobald diese auf der Zunge zerplatzten. Unser Vermieter
hatte darum gebeten, kein Fleisch in seinem Haus zu verzehren, was
mir sehr gelegen kam und Sebastian dank unserer üppigen Brotzeit
auch nicht einschränkte.
Wir
fuhren nach Palma, um uns die Stadt anzusehen, allerdings waren wir
so an die Stille und die Einsamkeit gewöhnt, dass uns die vielen
Menschen und die Schnellebigkeit überforderte. Wirklich Ruhe fand
ich nur in einer Kirche, in der wir während eines Platzregens
Zuflucht gesucht hatten.
Der
Regen hielt weiterhin an und wir verbrachten die letzten Tage fast
ausschließlich im Haus, da es sehr kalt und ungemütlich wurde. Das
und unsere neuen Mitbewohner, zwei sehr seltsame ältere
Österreicherinnen, machten uns den Abschied zum Glück nicht all zu
schwer.
Ein Freund unseres Vermieters und andere Männer aus dem Dorf beim Boule |
Die untere Terrasse unserer Finca |
Der besser befestigte Teil unseres Schleichwegs nach Oben |
Das bunte Treiben auf dem Markplatz |
Die Bahn in Port de Soller |
Sebastian und die Esel von unserem Nachbarn |
Marktsonntag in Soller |
Sebastian beim Frühstück |
Das verregnete Palma |
Der Blick ins Tal bei Regen |
wunderschöne Eindrücke :)
AntwortenLöschenwww.vivalavida-photography.blogspot.de
Wundervoller Post. Dein Text passt wunderbar zu den Fotos! Ich liebe Mallorcas Bergregion und Soller ist wirklich total schön, da war ich auch schon öfter:) Man kann in der Region auch super wandern gehen, kleiner Tipp fürs vielleicht nächste Mal? Hab da auch mal was zu gepostet: http://bymaybrit.blogspot.de/2016/01/mallorca-hikewalk-serra-de-tramuntana.html
AntwortenLöschenDie Finca wo ihr untergekommen sieht auf den Bildern auch toll aus.
Liebe Grüße,
Maybrit
Oh ich mag deine Urlaubsbilder so sehr! Hatte Mallorca so gar nicht auf'm Schirm - aber die Bergregion ist ja total schön! Danke dafür :)
AntwortenLöschenSuch colour, such beauty.... keep it up!!!! I love it!
AntwortenLöschenSuper und absolut echt!! Mal wieder ganz zauberhafte, natürliche Eindrücke!!
AntwortenLöschenToller 'Reisebericht' und sehr schöne Urlaubsfotos!
AntwortenLöschenDie Natur soll ja wirklich wunderbar sein auf Mallorca..
oh gott wie schön .<3 ganz ganz schöne eindrücke!
AntwortenLöschenalles liebe. Monika